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Anamnese
Im Rahmen der Anamnese (von altgriechisch ἀνάμνησις, anámnēsis, „Erinnerung“) wird die Leidensgeschichte eines Patienten in Erfahrung gebracht. Die biographische Anamnese umfasst darüber hinaus die gesamte Lebensgeschichte des Patienten. Eine sorgfältige Anamneseerhebung schließt biologische, psychische und soziale Fragen ein. Die Informationen, die dabei gewonnen werden, erlauben oftmals Rückschlüsse auf Risikofaktoren und kausale Zusammenhänge. Häufig ist allein durch eine sorgfältige Anamnese eine Diagnose möglich, die Voraussetzung einer sachgerechten Therapie ist. Die Anamnese wird im Regelfall vor der medizinischen Untersuchung erhoben oder ist Teil der Untersuchung, beispielsweise zur Erstellung eines psychopathologischen Befundes.
Geschichte der Anamneseerhebung
Im Corpus Hippocraticum kommt der Begriff Anamnese nicht vor. Der hippokratische Arzt befragt den Patienten nicht systematisch, sondern nur sporadisch; die Krankengeschichte dient nicht der Diagnose, sondern der Prognose. Das erste Werk, das sich ausschließlich mit der Befragung des Kranken befasst, stammt von Rufus von Ephesos.
Im Mittelalter spielt die Anamnese keine Rolle als Mittel zum Stellen einer Diagnose oder Prognose. Erst Rhazes verwendet den Begriff wieder wie Rufus. Er beklagt, dass Ärzte Kenntnisse benutzen, die sie von Dritten über den Patienten erlangt hätten, um ihn mit vermeintlicher ärztlicher Erkenntnis zu verblüffen. Erst Montanus fordert, der Arzt müsse „…mit dem Kranken selbst sprechen“, um alles zu erfahren „was für die Erkennung der Krankheit wichtig ist“. Damit wird erstmals die Anamnese mit der Diagnose verknüpft.
Das Erheben der Krankheits- und Krankengeschichte wird im 17. und 18. Jahrhundert zu einem festen und geforderten Bestandteil der Diagnose. Capivaccio[5] und Possevinus schreiben erste Monographien, mit denen die Anamnese zur gezielten Anamnese wird.
Boerhaave stellt in seinen Krankengeschichten die chronologisch geordnete biographische Anamnese vor den Untersuchungsbefund.[6] Für Stahl und seine Anhänger ist die Anamnese eine Art Beichte, da „der Mensch für seine Sünden irgendwann krank wird“. Die Anamnese wird im ausgehenden Barock der Pathologie zugeordnet. Unwichtig ist, ob die Vorgeschichte durch Fragen oder anamnestische Zeichen und Symptome erkannt wird.[7] In Diderots Encyclopédie gehören die anamnestischen Zeichen zur Semiotik, gleichrangig mit den diagnostischen und prognostischen Zeichen.[8] Deutsche Abhandlungen zur Praktik des „Krankenexamens“ aus dem Zeitalter der Aufklärung verbinden Anamnese, kathartische Selbstdarstellung des Patienten und den aktuellen Status des Patienten.[9]
Schoenlein und Wunderlich fordern im Gegensatz dazu, die subjektive Anamnese vom objektiven Befund zu trennen; dem Befund wird Priorität für die Diagnose zugewiesen.
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